Wieso die Stimme ausgerechnet im deutschsprachigen Raum zuwenig Aufmerksamkeit erfährt.

Gepostet von Michael am 27.12.2022

Laut ist unangenehm. Laut will vermieden werden. Die Eltern wollen ihre Ruhe haben. In der Schule muss man stillsitzen und aufpassen. Auf der Universität dann sowieso. Gesprochen wird nur, wenn vorher die Hand gehoben wird. Wir verlernen das später auch nicht. Wie denn auch? Wir schlittern ja geradezu von einer stillen Umgebung in die nächste. Deshalb wird uns von klein auf schon beigebracht bitte keinen Krawall zu machen. Mancherorts darf man sogar nur zu gewissen Uhrzeiten Ball spielen oder überhaupt auf den Spielplatz, weil die Anrainer sich sonst gestört fühlen.

Das ist so vielerorts in Deutschland, aber auch in Österreich (kannst du mir glauben!) und in der Schweiz.

Und jetzt stelle ich mal folgende Behauptung in den Raum: Ist es da verwunderlich, dass sich unsere Stimme gar nicht erst richtig entwickelt? Ich meine, stellen wir uns mal vor, wir würden Zeit unseres Lebens unseren linken Arm nicht benutzen dürfen, weil es schlichtweg verpönt und nicht gern gesehen ist. Was würde mit dem wohl passieren? Die Muskeln würden sich vermutlich gar nicht richtig entwickeln, er wäre dünn wie ein Zahnstocher und (ich bin kein Arzt) die Knochen würden mangels Belastung vielleicht sogar abgebaut. Das kann doch nicht natürlich sein oder?

Bestimmt nicht! Wenn man diese Überlegung weiterführt, dann kommt man irgendwann zu der Erkenntnis, dass Babys von Geburt an ja schreien. Das ist das erste was es macht, wenn es auf die Welt kommt. Es schreit lauthals. Und die folgenden Monate macht es das auch immer wieder. Kinder haben einfach einen natürlichen Drang ihre Stimme zu benutzen. Genau so, wie sie einen Drang haben sich zu bewegen, laufen zu lernen, springen, neugierig sind und Dinge in sich aufsaugen. Oft sogar sprichwörtlich, sehr zur Freude und manchmal zum Ekel der Eltern. Doch selbst das ist notwendig, nämlich um das Immunsystem zu trainieren 🙂

Wenn jetzt dieses natürlich induzierte Stimmtraining unterbunden wird, dann kann sich die Stimme auch nicht ausbilden. Das könnte der Grund sein, warum so viele Menschen mit Stimmproblemen zu kämpfen haben.

Jetzt beleuchten wir mal die andere Seite. Wer gerne in den Süden auf Urlaub fährt, der kennt es bestimmt, dass die Einheimischen oft einen sehr lauten Lebensstil pflegen. Ohne Stereotypen bedienen und ohne jemandem auf die Füße treten zu wollen, ich hatte einmal das (ernst gemeinte!) Vergnügen, bei einer italienischen Familie zum Sonntagsessen eingeladen worden zu sein. Wir sind angekommen, meine Begleitung sprang aus dem Auto und es wurde drauf losgeschrien. Ich bin ja des Italienischen nicht mächtig, darauffolgende Erklärungen stellten also klar, es ging dabei nur ums Essen und ich war beruhigt. Aber es ging laut zu 🙂

Das ist natürlich nicht nur in Italien so, sondern auch in Spanien und in der Türkei. Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel. All die Menschen dieser Kulturen haben aber auch eine kräftige Stimme. Und ich behaupte, das liegt am lauten Lebensstil.

Um es auf den Punkt zu bringen: Der "leise" Lebensstil in der DACH Region führt zu krächzenden, dünnen, springenden und piepsigen Stimmen. Und so reden wir miteinander, es fällt uns ja aber auch gar nicht erst auf. Wohl auffallend ist es aber, wenn jemand mit einer angenehmen, kräftigen und vollen Stimme spricht, nicht wahr? Glücklicherweise müsste man nur mal ins Fitnesscenter für die Stimme gehen, um daran etwas zu verändern. Und wer das tut, der sticht bestimmt hervor.

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